Dass Wildschweine Grasnarben umkrempeln, kommt vor. Dass Schwarzkittel einen Ort mehrmals aufsuchen, auch. Problematisch ist, wenn gravierende Flurschäden nicht fachgerecht beurteilt und entschädigt werden. So wie in diesem Fall aus der Warburger Börde im Kreis Höxter. Wildschweine hatten in der Gemarkung Bühne eine Weide zerwühlt. Den Schaden haben zwei verschiedene Gutachter unterschiedlich bewertet. Der Streit landete beim Amtsgericht (AG) Warburg (Az.: 1 C 185/22).
Zweimal in einem Jahr
Als Richard Frewer-Pape Ende August 2022 zu seinen Mutterkühen schaute, kam er an der besagten Fläche vorbei. „Die Erde war aufgewühlt, Grassoden lagen herum, die Grasnarbe wies tiefe Spuren auf“, beschreibt der Nebenerwerbslandwirt aus Borgentreich das Bild. Ihm war klar, dass das Wildschweine waren. Es war das zweite Mal in einem Jahr.
Beim ersten Mal ging es um 180 m2. Jetzt war deutlich mehr zerstört. Frewer-Pape meldete den Schaden sofort dem Ordnungsamt der Stadt Borgentreich. Erst 19 Tage später beraumte die Stadt den Termin an. Der geschädigte Landwirt,der Jagdpächter sowie der amtliche Wildschadenschätzer und der Protokollführer, beide Stadt Borgentreich, trafen sich vor Ort. Der Schätzer taxierte den Schaden und gab eine Fläche von 80 m2 und eine Schadenshöhe von 41 € zu Protokoll.
Protokoll nicht unterschrieben
„Das passte nicht. Der Wildschadenschätzer nahm nicht die gesamte Fläche in Augenschein“, berichtet der 68-jährige Landwirt. Das Protokoll unterschrieb er nicht. Denn damit war er nicht einverstanden. „Beim ersten Mal mit den 180 m2 kam mir das schon zu wenig vor. Aber da habe ich die Kröte geschluckt“, erzählt Frewer-Pape. Diesmal wollte er das nicht einfach hinnehmen.
Eigenes Gutachten in Auftrag gegeben
Er beauftragte selbst einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für Landwirtschaft. Dieser hat die Fläche mit dem Maßband nach Länge und Breite vermessen. Ergebnis: Nicht 80 m2, sondern rund 1700 m2 der 0,5 ha großen Weide waren zerstört. Inklusive Saatgut, Mehrwertsteuer, einer Kompensation für den Minderertrag sowie dem Maschinen- und Arbeitseinsatz bezifferte dieser Gutachter den Schaden auf rund 380 €, nicht auf 41 €.
Fall landet vor Gericht
Frewer-Pape legte das Gutachten beim Ordnungsamt vor und forderte die Jagdpächter auf, ihm den Schaden und die Kosten des Gutachters – in Summe rund 620 € – zu zahlen. Die Jäger weigerten sich. So landete der Fall beim AG Warburg. Vergeblich versuchte die Richterin, eine Einigung zu erzielen. Frewer-Pape, Mitglied der Jagdgenossenschaft Bühne, entschied sich, zu klagen. Anders als die Beklagten verzichtete er auf den Beistand eines Fachanwalts.
Gutachten ist einwandfrei
Das Gericht zog auf Erlangen der Jäger einen dritten Gutachter zurate. Dieser sollte das Gutachten, das der Landwirt beauftragt hatte, prüfen. Er kam zu dem Ergebnis, dass das Gutachten methodisch wie fachlich nicht zu beanstanden ist und die angesetzten Werte für die Kostenkalkulation angemessen sind und den üblichen Werten entsprechen. Die Richterin folgte der Einschätzung.
Teure Suppe
Für die Jagdpächter wurde es am Ende eine teure Suppe. Sie müssen dem Landwirt nun rund 660 € inklusive Zinsen für den Flurschaden und den von ihm beauftragen Gutachter zahlen. Zudem wurden ihnen die Kosten des Verfahrens auferlegt und für den vom Gericht beauftragen Gutachter müssen sie 1500 € hinblättern.
Das Urteil ist rechtskräftig. Berufung wurde nicht eingelegt.
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