Kaum ein Landwirt, der sich nicht über marode Straßen oder Wege ärgert. Viele Wirtschaftswege wurden in den 50er- bis 70er-Jahren gebaut und sind längst in die Jahre gekommen. In Zeiten klammer Kassen haben die Kommunen in den letzten Jahren und Jahrzehnten aber oft nur hier und da ausgebessert oder auch mal den ganzen Straßenbelag erneuert. Eine umfassende Sanierung, wie sie so häufig dringend notwendig wäre, saß aber oft nicht drin.
Da ist eine gute Nachricht hochwillkommen: Die Landesregierung will die Straßenbaubeiträge für Anlieger im Innenbereich abschaffen! Land und Kommune tragen künftig alle Sanierungskosten. Die schlechte folgt sogleich: Der Außenbereich bleibt außen vor. Das Land zahlt nur für Straßen, die dem öffentlichen Verkehr gewidmet sind. Das trifft auf die meisten Wirtschaftswege nicht zu, auch wenn viele Autofahrer sie als willkommene Abkürzung nutzen.
Ministerpräsident Wüst betont im Wochenblatt-Interview, die Landesregierung wisse um die große Bedeutung von Wirtschaftswegen im ländlichen Raum. Daher fördere sie den Ausbau: Im ersten Halbjahr 2023 mit 18 Mio. €. Das reichte für 63 Wege. Auf das ganze Wirtschaftswegenetz NRWs hochgerechnet, wird die Sanierung damit zur Jahrhundertaufgabe.
Zudem besteht immer die Gefahr, dass die nächste Regierung oder gar die gleiche unter Sparzwang das Förderprogramm kurzerhand wieder streicht. Dann ist mit dem 2019 aufgelegten Förderprogramm die Sanierung vielleicht mehrerer Hundert Kilometer zum Teil finanziert worden. Ein Tropfen auf den heißen Stein angesichts der 140.000 km Wirtschaftswege in NRW! Macht man sich die Bedeutung der Wirtschaftswege für die Landwirtschaft und die ländlichen Regionen aber wirklich bewusst – immerhin bieten sie auf vielen Strecken die einzige Möglichkeit, von A nach B zu kommen – kann das nicht ausreichen.
Den Kommunen wird irgendwann nichts anderes mehr übrigbleiben, als sich das Geld über Straßenbaubeiträge von Landwirten und Anliegern im ländlichen Raum zu holen. Erlaubt bleibt das nach den jetzigen Plänen schließlich. Die Anlieger im Innenbereich sind derweil fein raus, da ihre Straßen dem öffentlichen Verkehr gewidmet sind. Sie können sicher sein, keine Beiträge mehr zahlen zu müssen. Gerecht ist das nicht. Und nach gleichwertigen Bedingungen in Stadt und Land sieht das schon gar nicht aus. Dabei heißt es im Koalitionsvertrag von CDU und Grünen für NRW: „Die Erfüllung des grundgesetzlichen Auftrags, gleichwertige Lebensverhältnisse in ganz Nordrhein-Westfalen – in der Stadt und auf dem Land – zu garantieren, entscheidet sich in den Kommunen.“ Ist es der Landesregierung ernst damit, muss sie jetzt Innen- wie Außenbereich, Stadt wie Land, bei der Reform des Kommunalabgabengesetzes gleichstellen.
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