Geduld ist eine Tugend. Und Geduld haben Milcherzeuger in den vergangenen Jahren reichlich bewiesen. Drei Jahre lang dümpelten die durchschnittlichen Auszahlungspreise auf ähnlich niedrigem Niveau vor sich hin. Mehr als 33 Cent/kg konnten nicht erzielt werden. 2021 gab es endlich Bewegung. Im Schnitt zahlten die Milchwerke 3 Cent/kg mehr als im Jahr zuvor – so das Ergebnis des Wochenblatt-Milchpreisvergleichs 2021. In der Übersicht „Alle Preise auf einen Blick“ sind die von uns errechneten Erzeugererlöse zusammengefasst. Erfreuliche Zahlenwerte nach einer langen Durststrecke, die viele Kuhhalter in die Knie zwang und für das „Aus“ etlicher Höfe sorgte.
Licht und Schatten zugleich
Erfreulich ist ebenso der Blick auf das aktuelle Jahr: Die Milchpreise befinden sich im Höhenrausch. Ein knappes Angebot an Rohmilch und Milchprodukten weltweit treibt den Milchpreis nach oben. Doch wo Licht ist, ist auch Schatten. Die Euphorie über höhere Auszahlungspreise wird durch drastisch steigende Produktionskosten gedämpft. Die Auswirkungen des Ukraine-Krieges sind spürbar – für alle. Auch die Molkerein stehen vor Herausforderungen bezüglich höherer Kosten für Energie und Verpackungen.
Angesichts der aktuellen Lage erscheint der Rückblick etwas mühselig. Denn er spiegelt wenig von der Ist-Situation wider. Nichtsdestotrotz ist er wichtig. Denn unsere Auswertungen berücksichtigen nicht ein Jahr allein, sondern stellen die Leistung einzelner Molkereien über mehrere Jahre betrachtet in den direkten Vergleich. Dazu mehr im Beitrag „Mehr als nur Linien“ im hinteren Teil des Schwerpunktes. Hier wird wieder deutlich, wie wichtig es ist, einen zuverlässigen Marktpartner an seiner Seite zu haben, der auch in „Krisenzeiten“ konstant und überdurchschnittlich auszahlt.
38 Cent für Arla-Mitglieder
In unserer Hitliste der besten Milchwerke setzt Arla Foods das zweite Jahr in Folge den Maßstab. In allen von uns berechneten Größenklassen zahlte die skandinavische Kooperative mehr als 38 Cent/kg aus. Das schaffte 2021 sonst kein Milchwerk. Die beachtenswerte Nachzahlung in Höhe von 1,62 Cent/kg wird ihren Beitrag zum hervorragenden Ergebnis geleistet haben.
Zum Hintergrund: Arlas neue Konsolidierungspolitik, die im Herbst 2021 von der Vertreterversammlung beschlossen wurde, garantiert eine Nachzahlung von 1,5 Cent/kg Milch – vorausgesetzt, dass das Unternehmen einen Nettogewinn von mindestens 2,8 % des Umsatzes erwirtschaftet hat. Nach eigenen Angaben betrug 2021 der Nettogewinn 332 Mio. €. Dies entspricht 3 % des Umsatzes. Daher hatte der Arla Aufsichtsrat eine höhere Nachzahlung für seine Landwirte als die garantierten 1,5 Cent vorgeschlagen. Höhere Verkaufspreise sowie ein mengenbasiertes Umsatzwachstum bei den Markenprodukten – so fasst der Konzern die Gründe für das erfolgreiche Geschäftsjahr 2021 zusammen. Ein breit aufgestelltes Produktportfolio erlaubt es Arla, sich schnell und effizient auf Verbrauchernachfragen einzustellen.
FrieslandCampina auf Platz 2
Bei der zweitplatzierten Genossenschaft sah es im Jahr zuvor nicht ganz so rosig aus. Viele Jahre hatte FrieslandCampina in unserem Vergleich unangefochten die Nase vorne. Doch nicht 2020, wo die Folgen der Pandemie das Unternehmen so stark trafen, dass die Mitglieder weniger Milchgeld und in puncto Nachzahlung eine Nullrunde hinnehmen mussten.
2021 konnte sich FC wieder „bekrabbeln“ und blickt auf eine deutlich verbesserte Ertragslage zurück. Dies begründet der Molkereiriese durch steigende Preise für Basismolkereiprodukte sowie die vorsichtige Erholung des Außer-Haus-Geschäfts in Europa. Je nach Jahresanlieferungsmengen haben wir Erlöse zwischen 36,06 Cent/kg (300 000 kg) und 38,62 Cent/kg (2 Mio. kg) für FC errechnet. Allerdings ist der von uns berechnete FC-Milchpreis „gedrückt“. Grund hierfür: Der Drei-Tage-Abholrhythmus.
Die Plätze 3 und 4 teilen sich die Hochwald Foods GmbH und die Moers Frischeprodukte GmbH. Im Mittel erhielten Lieferanten beider Molkereien um die 37 Cent/kg. Für Hochwald war 2021 kein einfaches Jahr. Die Flutkatastrophe setzte die Genossenschaft und ihre Mitgliedsbetriebe vor große Herausforderungen. Das Werk in Erftstadt stand über Wochen still. Der Schaden belief sich auf einen zweistelligen Millionen-Betrag. Trotzdem schaffte es das Milchunternehmen, das unheimlich stark in der weißen Linie unterwegs ist, überdurchschnittlich auszuzahlen.
Stark und stabil zeigt sich die Moers Frischeprodukte GmbH. Das Gemeinschaftsunternehmen von Dr. Oetker und Gropper hält als einzige Privatmolkerei mit den „Großen“ mit. Und das schon seit vielen Jahren. Ohne Eigenmarke hat der Handelsmarkenhersteller offensichtlich die richtigen Nischen im Einzelhandel gefunden und kann sich zügig auf neue Marktgegebenheiten einstellen.
Besserung bei DMK und DOC
Die größte deutsche Molkerei schaffte es 2020 zumindest in drei der fünf Größenklassen, ein höheres Milchgeld zu erzielen als der Durchschnitt. Somit liegt das Deutsche Milchkontor (DMK) bei einem mittleren Auszahlungspreis von rund 36 Cent/kg Milch im oberen Mittelfeld der Rangierung. Betriebe mit hohen Milchmengen schafften sogar, die 37-Cent-Marke zu überschreiten. Immerhin eine Besserung: In den vergangenen drei Jahren lag das DMK immer unterhalb des Mittelwertes – zum Ärgernis der Lieferanten.
Ähnlich zeigte sich beim 2021-Vergleich die Leistung des DMK-Tochterunternehmens DOC Kaas. Der niederländische Käsespezialist machte ebenso einen leichten „Sprung“ und zahlte weitestgehend überdurchschnittlich. Warum die Mitglieder beider Genossenschaften nicht das gleiche Milchgeld erhalten, lässt sich folgendermaßen erklären: Seit der Fusion werden die Deutsche Milchkontor eG und die DOC Kaas-Genossenschaft von der DMK-GmbH gleich vergütet. Unterschiedlich sind die genossenschaftlichen Regelungen, und auch die Staffelpreise sind nicht gleich. Daher stellt sich für unsere berechneten Musterbetriebe keine identische Zahlung ein. Das Niveau beider Genossenschaften ist jedoch ähnlich.
Nah am Mittel ist ebenfalls die Privatmolkerei Naarmann. Der H-Milch-Spezialist befindet sich mit seinem Milchpreis zwar ganz leicht unterm Schnitt, allerdings folgt im Laufe des aktuellen Jahres in der Regel noch eine Nachzahlung. Die Höhe dieser lag allerdings nicht bis zum Redaktionsschluss vor. Auch Frischli platziert sich im oberen Mittelfeld sowie die Molkerei Paul Mertens, die den Durchschnitt in allen Größenklassen minimal verfehlte.
Beachtlicher Abstand
Ernüchternd dagegen die Ergebnisse der Milchwerke, die sich im unteren Segment der Leistungsskala befinden. Zu nennen ist hier das Handelsunternehmen Fude + Serrahn. Das Hamburger Molkereiunternehmen gelang es zwar, die 35-Cent-Marke zu knacken, zahlt jedoch seit vielen Jahren weit unterdurchschnittlich.
Frust wird es bei Lieferanten der Schlussleuchten Wiesehoff und Wiemo geben. Vor allem die kleineren Betriebe sind bei beiden getroffen. Sie profitieren nicht von höheren Staffelprämien und mussten ein Milchgeld von unter 35 Cent/kg hinnehmen. Der Abstand zum Primus Arla beträgt somit in dieser Größenklasse fast 4 Cent/kg Milch!
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