Ein Quarantänestall in der Maschinenhalle, intensive Gespräche mit dem Veterinäramt und eine Menge Büroarbeit: Nach Vergnügen klingt das nicht gerade. Doch Leonhard Querdel hat sich freiwillig darauf eingelassen.
Noch vor zwei Jahren lief es am Ferkelmarkt nicht gerade rosig. Die Preise waren im Keller. Entsprechend weniger Jungsauen orderten Ferkelerzeuger bei den Zuchtorganisationen – für Vermehrer wie Querdel eine schlechte Nachricht. Mangels Nachfrage kündigte ihm schließlich sein bisheriges Partnerunternehmen. Also schaute er sich nach Alternativen um.
Wenig Sperma verfügbar
Fündig wurde er schließlich in der Schweiz. Über das Zuchtunternehmen Suisag importierte er im Dezember 2022 stolze 140 Reinzuchtsauen der dortigen Landrasse. Für die Übergangszeit brachte er diese provisorisch in der Maschinenhalle unter. Sie sollten nicht mit der noch aufgestallten alten Genetik in Kontakt kommen.
Mittlerweile hält der Landwirt dank Eigenremontierung wieder insgesamt 250 Sauen. Für die nachfolgende F1-Generation kommen Schweizer Edelschwein-Eber zum Einsatz.
Die genetische Vielfalt bleibt allerdings eine Herausforderung. Aufgrund der kleinen Population in Deutschland kauft der Vermehrer immer wieder Sperma aus der Schweiz zu.
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Besondere Eigenschaften
Die Schweizer Sauen sollen sich insbesondere für Bewegungsbuchten und freies Abferkeln eignen – unter anderem durch ihre hohe Speckauflage, ihre Gelassenheit und geringe Ferkelverluste. Weil diese Haltungsformen in den nächsten Jahren Pflicht werden, hat Querdel seinen Betrieb entsprechend ausgerichtet. Aber gehen da schon alle Abnehmer mit?
Abnehmer teils zurückhaltend
„Einige waren skeptisch“, erzählt Querdel. „Aber 50 bis 60 % der Ferkelerzeuger, die ich vor der Umstellung beliefert habe, sind mir treu geblieben.“ Für die nötige Mast- und Schlachtleistung belegen sie seine Jungsauen meist mit deutschen Piétrain-Ebern.
Die biologische Leistung
Etwa 13 bis 14 lebend geborene und 14 bis 15 aufgezogene Ferkel pro Wurf melden ihm seine Abnehmer zurück. Erste Betriebe kommen so auf 32 bis 34 abgesetzte Ferkel pro Sau und Jahr.
Andere Genetiken bieten zum Teil zwar mehr. Doch dafür können sich 10 % Aufzuchtverluste und 30 bis 35 % Remontierungsrate sehen lassen. Der Vermehrer betont außerdem den problemlosen Umgang und die Ruhe im Stall. Die Arbeit macht ihm Spaß.
Kriterien für die Zucht
„Acht Zitzen auf jeder Seite müssen es mindestens sein“, sagt Leonhard Querdel und nimmt ein Ferkel aus der Abferkelbucht, um die Gesäugeleiste zu begutachten. Besonderes Augenmerk legt er außerdem auf Erbfehler wie Spreizbeinigkeit oder Leistenbrüche. Für die Zucht geeignet sind Tiere, die sich genetisch durch eine hohe Fruchtbarkeit auszeichnen.
Vermehrt mit Ringelschwanz
Ein besonderes System nutzt der Landwirt für die Vermehrung aber nicht. Er arbeitet mit klassischen Sauenkarten und dem Planer seines Zuchtunternehmens. Auch das Kupieren am zweiten Lebenstag gehört noch zu den Routineaufgaben. 30 % der Tiere behalten aber schon ihren Ringelschwanz – Tendenz steigend.
Am vierten oder fünften Lebenstag bekommen alle Ferkel eine Dosis Eisen sowie Impfungen gegen Mykoplasmen, Circoviren und PRRS. Im Alter von zehn Wochen impft der Vermehrer außerdem vorbeugend gegen PIA und Salmonellen.
Anderer Körperbau
Mit 14 Tagen bekommen die weiblichen Ferkel eine Zuchtohrmarke. Die nächste Selektion erfolgt beim Ausstallen aus der Ferkelaufzucht. Aussortierte Sauen sowie Börge bleiben aber bis zum Mastende auf dem Betrieb. Je älter die Zuchttiere werden, desto mehr fällt auf: Im Vergleich zu Mastschweinen ihres Alters sind sie länger und schmaler gebaut, damit sich das Gesäuge optimal ausprägen kann.
Pro Stammsau und Jahr rechnet der Landwirt mit rund zehn verkauften Jungsauen. Die liefert er möglichst regional mit dem eigenen Lkw aus. Verkauf und Abrechnung erfolgen über das Unternehmen Hott Zuchtschweine aus Hessen.
Futter: Darauf kommt’s an
Aus hygienischen Gründen füttert Leonhard Querdel seine Schweine in allen Ställen trocken. Eigenes und zugekauftes Getreide inklusive Körnermais mischt er vor Ort mit einem Ergänzer.
Mit einigen Maßnahmen möchte der Landwirt das Fundament und die Ausgeglichenheit seiner Tiere fördern.
- Er setzt auf viel Rohfaser durch Gerste für eine gute Darmgesundheit – vor allem in der Aufzucht.
- Direkt nach dem Absetzen bekommen die Ferkel flüssige Toxinbinder und Wasser in Schalen.
- Alle Rationen enthalten ausschließlich getrocknetes oder angesäuertes Getreide.
- Ab 70 bis 80 kg Lebendgewicht achtet Querdel auf eine rohproteinreduzierte Fütterung.
- In der Jungsauenaufzucht kalkuliert er mit mindestens einem Fressplatz pro Tier.
- Bis zu einem Alter von acht Monaten sollen die Jungsauen eine Speckauflage von 16 bis 18 mm haben.
- Die Sauen bekommen ihr Tragefutter bis drei Tage nach der Geburt, um MMA (Mastitis-Metritis-Agalaktie-Komplex) zu verhindern.
- Nach dem Absetzen erhalten sie hochwertiges Fischmehl, um den Zyklus anzuregen.
Das Deckzentrum halbieren
Aktuell nutzt Leonhard Querdel ein doppelreihiges Deckzentrum. Nach Ablauf der gesetzlichen Umbaufrist will er eine Seite herausnehmen und den Bestand reduzieren. Indem er auf einen An- oder Neubau verzichtet, erhält er denBestandsschutz für seine nach Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSch) errichtete Anlage.
Kein neuer Abferkelstall
Ein neuer Abferkelstall ist mit dem konventionellen Betrieb in Ortsnähe ebenfalls keine Option fürden Vermehrer: „Ohne Rechtssicherheit und feste Hofnachfolge werde ich bestimmt nicht Millionen investieren“, fasst der Landwirt die Situation zusammen.
Vorstellen könnte er sich allerdings ein Gruppensäugen. So ließen sich die vorhandenen Quadratmeter bestmöglich nutzen. In jedem Fall sollen sich die vorhandenen Gebäude möglichst lange rentieren.
Unterstützung im Stall und auf dem Acker bekommt Querdel aktuell von einem Auszubildenden und zwei bis drei Aushilfen – je nach Saison.
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