Der Frust machte sich durch die Reihen bemerkbar. Bei der Vorstellungsrunde der Sitzung des Arbeitskreises Rindfleischerzeugung am Dienstag vergangener Woche beim WLV in Münster, ließen die Mitglieder ihrem Unmut Raum.
Großes Interesse der Mäster an Tierwohl
Seit Januar dieses Jahres ist die Auditierung für Rinder im Rahmen der Initiative Tierwohl (ITW) möglich. Zahlreiche Mäster fassten den Entschluss daran teilzunehmen. Sie erfüllten die geforderten Kriterien und drehten mögliche Schrauben bei der Haltung ihrer Tiere. „Wir waren bereit“, kommentierte einer der anwesenden Praktiker. Doch die Realität sieht derzeit ganz anders aus als anfänglich erhofft: Die Ware bleibt in der Fleischtheke liegen oder wird erst gar nicht vom Lebensmitteleinzelhandel angeboten.
Ein weiteres Mitglied des Arbeitskreises fasste den Grundtenor der Runde zusammen: „Wir wollen Tierwohl, der Verbraucher scheinbar nicht.“ Geschuldet sei dies in erster Linie der hohen Inflationsrate, was eine massive Einkommensentwertung mit sich bringt. Das wiederum schwächt die Konsumnachfrage. Sprich: Der Verbraucher überlegt umso mehr beim Einkauf, ob er – wie im genannten Fall – bereit ist bzw. es sich überhaupt leisten kann, für Rindfleisch aus Tierwohl-Programmen, noch tiefer in die Tasche zu greifen.
Handel muss sich bewegen
Einigkeit herrschte diesbezüglich darin, dass der Ball nun beim Handel läge. „Der Handel muss sich bewegen und mitspielen“, so eine Wortmeldung. Auch von Planungssicherheit war die Rede, die von den anwesenden Bullenmästern derzeit nicht als gewährleistet empfunden wird. Zudem sei die Tatsache, dass das Kriterium „Scheuermöglichkeit“ um ein Jahr nach hinten geschoben wurde, ein Indiz dafür, dass es bei der grundsätzlichen Umsetzung der ITW ordentlich stockt.
Bei den turnusmäßigen Wahlen wurden der Arbeitskreis-Vorsitzende Hans-Georg Rexforth-Weilers sowie sein Stellvertreter Felix Pahlsmeier wiedergewählt.
Henrik Wiedenroth, Referent für Rindfleischerzeugung beim Deutschen Bauernverband, ermutigte die Mästern trotz allem durchzuhalten. Seiner Meinung nach werden die Tierwohl-Themen auch künftig weiter in den Vordergrund rücken, da sie politisch und gesellschaftlich gewollt sind. Deshalb sei es genau richtig gewesen, auf den „Zug aufzuspringen“, um das Tierwohl-Programm möglichst stark aufzustellen. Aus seiner Sicht, der richtige Weg, um vom Verbraucher anerkannt zu werden. Eine entsprechende Honorierung müsse allerdings genau so dazu gehören, sowie die Abnahme durch den Handel.
Marktlage zeigt sich stabil
Trotz Tierwohl-Frust haben Bullenmäster jedoch im Moment wenig Grund zur Klage. Denn die Marktlage zeigt sich stabil. Wie Theresa Averbeck, Geschäftsführerin des Arbeitskreises, berichtete, befinden sich die Erzeugerpreise für R3-Jungbullen wieder oberhalb der 5 €-Marke – wie vor Ostern dieses Jahres, als Ware außerordentlich knapp war und die Preise sich auf Rekordniveau von fast 6 €/kg befanden.
Zuversicht vor Weihnachten
Das bevorstehende Weihnachtsgeschäft sowie das langsame Hochfahren der Gastronomie nach der Pandemie stoßen auf Zuversicht, dass die Preise sich zumindest in den kommenden Wochen auf diesem Niveau halten werden.
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