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 (Bildquelle: privat)
Eine zum Pachtende hin stark verunkrautete, verungraste Fläche kann zu Konflikten zwischen Eigentümer und Pächter führen.(Bildquelle: privat)
Frage & Antwort

Acker zum Pachtende verunkrautet

Mein Pächter hat im März mündlich zum Herbst 2024 gekündigt, ich habe das mündlich akzeptiert. Er hat die Getreidefläche mit Gärsubstrat gedüngt. Deshalb wächst dort meiner Meinung nach wie gesät Ampfer. Der Pächter will den Ampfer mit einer Abschlussspritzung im Herbst bekämpfen. Was kann ich vom Pächter verlangen?
 Josef W. in D.
Sie haben seit neun Jahren Ackerflächen verpachtet. Mit dem Pächter haben Sie sich auf eine Aufhebung des Pachtvertrages zum Herbst 2024 verständigt. Jedoch stellen Sie jetzt fest, dass die Flächen in großem Umfang verunkrautet sind. Zwar hat der Pächter versichert, er wolle im Herbst eine Abschlussspritzung vornehmen, Sie glauben aber nicht, dass damit das Problem final gelöst ist. Stattdessen erwarten Sie, dass auch in den Folgejahren eine Unkrautbekämpfung erforderlich sein wird. Nach § 586 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ist der Pächter "zur ordnungsmäßigen Bewirtschaftung der Pachtsache verpflichtet". Dazu gehört auch die Unkrautbekämpfung.
Das Oberlandesgericht (OLG) Naumburg hat in seinem Urteil vom 29. August 2002, Az. 2 U (Lw) 24/00, entschieden, dass die Bewirtschaftung einer Pachtfläche dann ordnungsgemäß ist, wenn sie nach den einschlägigen technischen und wirtschaftlichen Regeln substanzerhaltend durchgeführt wird. Eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung von Ackerflächen liege nicht mehr vor, wenn sie als Raubbau am Boden angesehen werden müsse oder das Gesamtkonzept der Bewirtschaftung zu e iner Erschöpfung der Böden bzw. zu einer nachhaltigen Minderung der Ertragsmöglichkeit führe. Eine Bewirtschaftung nach Idealmaßstäben sei hingegen aber nicht geschuldet.
Ausdrücklich hat das Gericht festgestellt, dass zur ordnungsgemäßen Bewirtschaftung einer landwirtschaftlichen Nutzfläche neben dem Bestellen, Düngen und Abernten auch die technisch ordnungsgemäße "Einbringung von Schutzmitteln" gehört.
Im dortigen Fall mit Maisanbau hatte das OLG den Pächter zum Schadensersatz verurteilt, weil die Pachtflächen übermäßig verunkrautet und mit tiefen Fahrspuren zurückgegeben worden waren. Das Gericht entschied, dass auch beim Maisanbau auf den Einsatz chemischer Herbizide im Rahmen herkömmlicher Landwirtschaft nicht verzichtet werden dürfe. Eine sachgerechte Bewirtschaftung nach den heute üblichen Maßstäben erfordere es aber in aller Regel nicht, Ackerflächen in so erheblichem Umfang mit Schutzmitteln zu behandeln, dass keinerlei Unkraut auftreten könne.

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Für Ihren Fall bedeutet dies nach unserer Einschätzung, dass eine so starke Verunkrautung, wie sie aus den von Ihnen übersandten Fotos ersichtlich ist, der ordnungsgemäßen Bewirtschaftung widerspricht. Es ist nicht der heutige Zustand relevant, sondern insbesondere der Zustand bei Beendigung des Pachtverhältnisses. Denn gemäß § 596 Abs. 1 BGB muss der Zustand ordnungsgemäßer Bewirtschaftung auch im Zeitpunkt der Rückgabe der Flächen gewährleistet sein.
Wird im Herbst dieses Jahres die Fläche nach einer durchgeführten Abschlussspritzung zurückgegeben, wird sich in den Folgejahren zeigen, ob diese Unkrautbekämpfungsmaßnahme ausreichend erfolgreich war, um sagen zu können, dass die Fläche ordnungsgemäß zurückgegeben wurde. Wie das zitierte Urteil des OLG Naumburg zeigt, können Sie von dem Pächter nicht einen Idealzustand verlangen, wohl aber einen Zustand, der nur eine leichte Verunkrautung darstellt. Daher geben wir folgende Hinweise:
  • Sie sollten sich eines vereidigten landwirtschaftlichen Sachverständigen bedienen, um eine Beweissicherung durchzuführen. Die Landwirtschaftskammer NRW veröffentlicht die Liste der vereidigten Sachverständigen auf ihrer Homepage. Ob eine Vertragsverletzung des Pächters vorliegt, lässt sich erst nach der Abschlussspritzung im Herbst beurteilen. Der wirkliche Schadensumfang wird erst in den Folgejahren in Erscheinung treten. Dies wird stets durch Ihren Gutachter zu dokumentieren sein.
  • Sie sollten den Pächter auffordern, einen Verzicht auf die Einrede der Verjährung zu erklären, damit genügend Zeit bleibt, die weitere Entwicklung abzuwarten. Gibt der Pächter diese Erklärung nicht ab, müssen Sie zur Sicherheit innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach Beendigung des Pachtverhältnisses Klage auf Feststellung erheben, dass eine nicht ordnungsgemäße Bewirtschaftung den Pächter schadensersatzpflichtig gemacht hat. Die jeweiligen dann später auftretenden Schäden, zum Beispiel einer weiteren Unkrautbekämpfung oder e ines entgangenen Gewinns, weil Sie die Flächen nicht mehr lukrativ verpachten können, sind dann erst geltend zu machen, wenn diese Schäden aufgetreten sind.
  • Sie sollten sich anwaltlicher Hilfe bedienen. 
Hubertus Schmitte, Rechtsanwalt, WLV

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