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Bauernpräsident Joachim Rukwied ging mit der Agrarpolitik der Ampelregierung hart ins Gericht – das kurz vor dem Bauerntag vorgelegte Agrarpaket bestärkte ihn dabei in seiner Kritik.(Bildquelle: Stelzer)
Politik und Aktuelles

Rukwied zu Agrarpaket: "Das ist ein Päckchen"

Bauernpräsident Joachim Rukwied ist enttäuscht vom Agrarpaket der Ampel. Er fordert mehr – und sagte auf dem Bauerntag auch, was er damit meint.

Manch ein Vertreter der Ampel dürfte gehofft haben, dass mit der Vorstellung des Agrarpakets der Berufsstand zufrieden sei. Auf dem Bauerntag 2024 in Cottbus war davon aber wenig zu spüren.

Im Gegenteil: Beim Präsidenten des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Joachim Rukwied, kam die Euphorie einiger Abgeordneter über das Maßnahmenbündel gar nicht gut an. Das Gerede Einzelner vom "größten Agrarentlastungspaket" seit Langem sei ein regelrechter Hohn und spotte jeder Beschreibung, schimpfte Rukwied: "Das ist kein Entlastungspaket, das ist ein Päckchen. Und Lichtjahre von dem entfernt, was notwendig ist." Der Bauernverband habe das Paket nur deshalb mitgetragen, damit sich mit der Tarifglättung und der neuen Ökoregelung für Grünland überhaupt etwas bewege.
Dementsprechend kritisch fällt Rukwieds Zeugnis über die Ergebnisse der größten Bauerndemonstrationen seit Jahrzehnten aus. Positiv notiert er, dass die Rückendeckung der Bevölkerung für die Sache der Bauern nach wie vor steht. Auch auf EU-Ebene sei vieles in Bewegung geraten, wie das Ende der Pflanzenschutzverordnung SUR und die Verbesserungen bei den GLÖZ-Auflagen belegten. Das sei eine gute Basis für weitere Verbesserungen in der neuen EU-Legislatur. In Deutschland von agrarpolitischen "Erfolgen" zu sprechen, würde der Realität hingegen nicht gerecht werden, stellt der Bauernpräsident fest. Nach seiner Einschätzung haben weite Teile der hiesigen Politik die "Botschaft" der Landwirte noch immer nicht verstanden.

EU-Agrarbudget rauf

Aber was wäre erforderlich, um die Landwirtschaft wieder auf Kurs zu bringen? Rukwied forderte in Cottbus eine grundlegende Neuausrichtung der Politik. Die müsse wieder für die Landwirte da sein und nicht gegen sie eingesetzt werden.
Zusätzlich zur Gewinnglättung müsse auch eine Risikoausgleichsrücklage kommen, um die Betriebe in immer volatileren Zeiten widerstandsfähiger zu machen. Und noch eine konkrete Forderung hat Rukwied auf den Bauerntag mitgebracht: "Wir brauchen ein größeres EU-Agrarbudget." Dabei müssten Anreizsysteme und Honorierung Vorrang haben vor dem Ordnungsrecht. Wie ein höheres Agrarbudget in Zeiten knapper Kassen und multipler Krisen umgesetzt werden könnte, sagte der Präsident nicht.

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Stoffstrombilanz weg

Ein Kurswechsel in der Agrarpolitik heißt für den Bauernpräsidenten auch, dass bei den laufenden Projekten des Bundeslandwirtschaftsministeriums die Notbremse gezogen wird. Die Novelle des Düngegesetzes mit seiner verpflichtenden Stoffstrombilanzierung ("überflüssig wie ein Kropf") soll genauso vom Tisch wie das Zukunftsprogramm Pflanzenschutz. Beide seien nicht praktikabel, gingen weit über den EU-Rahmen hinaus und würden die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Bauern weiter schädigen.
Auch das Bundestierschutzgesetz mit verschärften Vorgaben beim Kupieren und bei den Dokumentationspflichten macht Rukwied nicht mit. "Wenn das so kommen sollte, wird dem letzten Schweinehalter das Licht ausgeknipst", warnt er. Der Bauernpräsident will damit nicht den Tierschutz in der Nutztierhaltung schleifen, im Gegenteil. Dafür müssten die Regeln aber machbar sein, ebenso wichtig seien Erleichterungen beim Bauund Umweltrecht, aber auch eine Finanzierung der zusätzlichen Leistungen.
Weniger Eingriffe von der Politik wünscht sich Rukwied beim Mindestlohn. Die Forderungen nach weiteren Anhebungen würden für viele Sonderkulturbetriebe das Aus bedeuten. Er stellt klar: "Der Bundeskanzler hat sich da verdammt noch mal rauszuhalten!" Tarifautonomie sei das Maß der Stunde.
Das EU-Renaturierungsgesetz wurde kürzlich wider Erwarten formal abgesegnet. Das bedeute für Deutschland, dass 40 000 ha Nutzflächen aus der Produktion genommen werden, verdeutlichte Rukwied. Für ihn der "grundsätzlich falsche Ansatz und eine Rückkehr in die 1970er-Jahre". Daher lehnt er das Gesetz rundweg ab.

Strategie der Proteste

Mit Blick auf die Bauernproteste gab sich Rukwied durchaus selbstkritisch, verteidigte aber gleichzeitig die Strategie des Bauernverbandes. Die Kommunikation sei nicht in jeder Phase ganz optimal gewesen, räumte der DBV-Präsident ein. Es sei damals aber auch darum gegangen, die Landwirte zügig wieder von der Straße zu bekommen. Das sei auch nötig gewesen, betonte Rukwied. Wären die Proteste noch zwei Wochen in der Intensität weitergegangen, hätte man mit einem Umschwung der öffentlichen Meinung und damit des gesellschaftlichen Rückhalts rechnen müssen.
Der Bauernverband habe unterdessen darauf gesetzt, an den richtigen Stellen Druck auszuüben, im Kabinett und in den Fraktionen, erläuterte Rukwied. Das bedeute mitunter auch Hinterzimmergespräche. Und die könne man eben nicht hinausposaunen. Der Bauernpräsident ist dennoch überzeugt, damit die richtige Strategie verfolgt zu haben. Schließlich seien die Themen Ernährungssicherung oder Wettbewerbsfähigkeit heute so präsent wie lange nicht.
Marko Stelzer

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