Ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts (OVG) NRW hat im vergangenen Jahr unter Jägern und anderen Waffenbesitzern Diskussion und Verunsicherung ausgelöst. In dem seit dem 23. Oktober 2023 rechtskräftigen Urteil (Az 20 A 2384/20) hat das OVG entschieden, dass der Schlüssel für den Waffenschrank in einem Behältnis zu verwahren ist, das dem Sicherheitsstandard des dazugehörigen Schrankes entspricht. Eine frühere Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln, wonach ein „Versteck“ in einem anderen Raum ausreichte, ist damit überholt.
In seiner Urteilsbegründung machte das OVG unmissverständlich die Konsequenzen klar: Ab dem Frühjahr 2024 müsse jeder Waffenbesitzer die konkretisierten Vorgaben umsetzen. Für neuen Zündstoff bei der Diskussion sorgen nun in NRW Schreiben der Kreispolizeibehörden an Legalwaffenbesitzer, die „sichere Aufbewahrung entsprechend der Anforderungen nachzurüsten“. Beispielsweise in Mönchengladbach erfolgte dazu sogar eine Fristsetzung: Binnen drei Monaten sollen dort die Waffenbesitzer den Nachweis erbringen. Das Wochenblatt sprach darüber mit Dr. Walter Jäcker, Stellvertretender Justiziar des Landesjagdverbandes NRW.
Wie ist der Schlüssel zum Waffenschrank aufzubewahren?
Es gilt der Grundsatz, dass Waffen in einem Schrank der Widerstandsklasse I/0 verwahrt werden müssen. Eine Ausnahme betrifft die Schränke der früheren Sicherheitsstufe A/B, wenn der jeweilige Besitzer dafür Bestandsschutz hat. Wer also einen Waffenschrank mit Schlüsselschloss besitzt, muss den Schlüssel in einem Schrank mit mindestens der gleichen Sicherheitsstufe verwahren – im Falle eines A/B-Schrankes muss der „Schlüsselschrank“ also entweder auch ein bestandsgeschützter A/B-Schrank sein oder ein I/0-Schrank. Der darf dann natürlich keinen Schlüssel haben. Hier ist eine elektronische, mechanische Zahlenschlosstechnik oder eine biometrische Schließung erforderlich.
Lassen sich Waffenschränke mit Schlüsselschloss auf eine elektronische Sicherung umrüsten?
Ja, Schränke lassen sich nachrüsten, also mechanisches Schloss raus, elektronisches rein. Dadurch steigt aber nicht der Widerstandsgrad. Zudem muss sichergestellt sein, dass die Zertifizierung nicht verloren geht. Ein Sonderproblem stellt sich bei Waffenschränken, die elektronisch gesichert sind, aber zusätzlich einen Notschlüssel haben. Letzterer muss genauso gesichert untergebracht werden wie ein originärer Schlüssel!
Aktuelle Schrankversionen haben keinen Notschlüssel. Die Batterie lässt sich von außen wechseln oder von außen Strom mit einer frischen Batterie zuführen, den Schrank öffnen und die leere, innen befindliche Batterie tauschen.
Wohin mit dem Notschlüssel?
Wer seinen Waffenschrank nicht umrüsten oder erneuern möchte – welche Verwahrungsmethoden empfehlen Sie für den Schlüssel?
Da bleibt eigentlich nur die Verwahrung in einem entsprechenden Schlüsseltresor oder überkreuz in zwei Schränken. Bei anderen Varianten bestehen schon jetzt vielfältige Bedenken. Gegen Bankschließfächer spricht, dass zwar der Tresorraum selbst um ein Vielfaches höher gesichert ist als ein Waffenschrank – im Raum selbst, den viele Personen betreten können, befinden sich in der Regel aber nur leicht gesicherte Schließfächer.
Bei der Idee, den Notschlüssel durch einen anderen Jäger verwahren zu lassen, müsste dieser einen 0/I-Schrank, einen Jagdschein und eine entsprechende waffenrechtliche Erlaubnis haben. Zudem sollte der Schlüssel selbst nicht mit einem Hinweis zum Schrankstandort und seinem Besitzer verwahrt werden.
Stellt sich die Frage, wo der Code für ein Zahlenschloss aufzubewahren ist?
Die Entscheidung des OVG zu Ende gedacht, gilt für einen Zettel mit dem Code das gleiche wie für einen Schlüssel.
Was machen die Erben eines Jägers, wenn letzterer weder den Schlüssel noch den Code hinterlassen hat?
In dieser Situation hilft ein Anruf beim Hersteller des Waffenschrankes. Befinden sich Waffen im Schrank und es ist niemand mit einer waffenrechtlichen Erlaubnis anwesend, der den Waffenbestand mit Begleitung der Waffenbehörde übernehmen könnte, wird der Techniker zur eigenen Absicherung die Waffenbehörde in Kenntnis setzen.
Anschreiben kommen
Die Waffenbesitzer werden aktuell von der örtlichen Waffenbehörde angeschrieben. Was hat es damit auf sich?
Wer einen Schrank mit Elektronik, Biometrik oder mechanischem Zahlenschloss ohne Notschlüssel hat, hat es am einfachsten. Kennt nur der Waffenbesitzer seinen Schlosscode, hat er jedenfalls zu seinen Lebzeiten alles richtig gemacht. Allen anderen Waffenbesitzern und den Waffenbehörden hat das OVG keine leichte Aufgabe gestellt.
Das Urteil ersetzt fehlende gesetzliche Bestimmungen zur Unterbringung des Schlüssels/des Codes. Das sieht unser Rechtssystem eigentlich nicht vor. Jetzt müssen die Waffenbehörden ermessensfehlerfrei damit umgehen. Einige geben in ihrem Schreiben an die Waffenbesitzer Hinweise, andere fordern bei Fristsetzung einen Nachweis zur Unterbringung des Schlüssels.
Wie stellt sich die Situation für Waffenbesitzer in anderen Bundesländern dar? Was gilt dort?
Das OVG hat Bundesrecht, nämlich das Waffengesetz ausgelegt. Die Behörden außerhalb von Nordrhein-Westfalen können nun selbstverständlich genauso agieren wie die hiesigen.
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