Das vergangene Jahr hat landwirtschaftliche Betriebe vor enorme ackerbauliche Herausforderungen gestellt. Durch den verregneten Sommer war auf einigen Schlägen die Ernte nur mit großen Kompromissen möglich. Dann wurde die Aussaat durch anhaltende Niederschläge im Herbst verzögert oder sogar verhindert.
Je nach Bodenart wird der Acker noch in einigen Bereichen längere Zeit unbefahrbar bleiben, teilweise existieren zudem große Fehlstellen. Hier stellt sich die Frage, welche Kulturen noch angebaut werden können oder welche weiteren Möglichkeiten bestehen.
Förderung und Schutz
Anstatt Teilflächen umzubrechen und neu einzusäen, lassen sich verschiedene Programme mit Förderungen von bis zu 2114 €/ha ohne großen Aufwand umsetzen. Für die Arten der offenen Agrarlandschaft wie Kiebitz, Feldlerche oder Rebhuhn bietet diese Situation eine Chance, da sie auf lichte Bestände, Fehlstellen und Brachen sowie auf nasse Flächen (Kiebitz) angewiesen sind.
Einjährige Ökoregelungen
Im Rahmen der neuen Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) sind die Möglichkeiten zur Förderung der Biodiversität durch zusätzliche Programme erweitert und die Fördersummen zum Großteil erhöht worden. Neben Agrarumwelt- und Vertragsnaturschutzmaßnahmen gibt es nun auch Ökoregelungen. Diese einjährigen, freiwilligen Maßnahmen können im selben Jahr über ELAN beantragt und durchgeführt werden.
Flächen, die im Herbst mit Wintergetreide oder Zwischenfrüchten bestellt wurden und nun Fehlstellen aufweisen, sowie Flächen, die vom Herbst her noch als Stoppelacker brachliegen, werden als einjährige, freiwillige Stilllegungen über die 4-%-Konditionalitätenbrache hinaus mit bis zu 1300 €/ha gefördert (Ökoregelungen 1a). Auf solchen Flächen muss somit keine Bewirtschaftung stattfinden. Eine Einsaat wäre, anders als bei der Konditionalitätenbrache, noch bis zum 31. März möglich; im Herbst könnte eine Winterung folgen.
Bei Einsaat einer vorgegebenen Mischung (Ökoregelung 1b) bis zum 15. Mai werden solche Flächen zusätzlich mit 200 €/ha gefördert. Allerdings darf dann bis zum 31. Dezember keine Pflege/kein Umbruch erfolgen. Im ELAN-Programm ist die förderfähige Fläche bis zum 15. Mai einzuzeichnen und zu beantragen.
Einjährige Feldvogelinsel
Auch durch das Programm „Einjährige Feldvogelinsel“ können Bereiche des Ackers kurzfristig in diesem Jahr als einjährige Brachen gefördert werden. Hauptsächlich zielt dieses Programm auf die Anlage von etwa 0,5 bis 1 ha (unter Umständen max. 2 ha) großen „Feldvogelinseln“ in Sommerungen an. Hier stehen Flächen im Fokus, die aktuell noch unbestellt oder mit Zwischenfrüchten bedeckt sind und auf denen sich mindestens drei Feldvogelbrutpaare bzw. Reviere einer oder mehrerer Arten befinden. Die Fördersumme richtet sich nach der angrenzenden Kultur und beträgt in diesem Jahr zwischen 531 €/ha für Ackerbohnen und bis zu 2114 €/ha für Zuckerrüben. Bei der gängigsten Sommerung, dem Silomais, beläuft sich die Förderung auf 1308 €/ha. Der Antrag erfolgt im Frühjahr im Austausch mit der zuständigen Unteren Naturschutzbehörde oder Biologischen Station.
Wurden nach der Ernte 2023 Flächen aktiv begrünt oder der Selbstbegrünung überlassen, können sie als ein- oder mehrjährige 4-%-Stilllegung nach GLÖZ 8-Vorgaben (Konditionalitätenbrache) dienen. Diese extensiv bewirtschafteten Flächen sind für die meisten antragstellenden Betriebe verpflichtend.
Sind nach der Ernte in diesem Jahr weitere Flächen für die Anlage der 4-%-Stilllegung notwendig oder ist eine Neuanlage sinnvoll, gilt es frühzeitig zu planen. Zum Beispiel kann die Fläche so angelegt werden, dass die Bewirtschaftung des Hauptschlages durch eine Begradigung vereinfacht und dabei gleichzeitig die Biodiversität gefördert wird.
Gefährdete Arten der Feldflur
Aufgrund des anhaltenden Rückganges der Bestände sind viele Brutvogelarten der offenen Feldflur im Bestand gefährdet. In der aktuellen Roten Liste der Brutvogelarten gelten beispielsweise Kiebitz und Rebhuhn als stark gefährdet, die Feldlerche als gefährdet – alle drei mit deutlichen kurz- und langfristigen Rückgängen. Die Gründe: der Verlust von Lebensräumen wie Ackerbrachen, Feuchtgrünland und die allgemeine Intensivierung der Flächennutzung. Regional spielen zudem Beutegreifer wie Füchse, Waschbären & Co. eine Rolle. Damit sich beispielsweise der Bestand des Kiebitzes stabilisiert, müssten alle Brutpaare in NRW etwa ein flügges Küken im Jahr hervorbringen.
Vertragsnaturschutz
Sind auf Feldern regelmäßig Kiebitze oder andere Feldvögel zu beobachten und ist die Flächenbewirtschaftung oft schwierig, bieten sich mehrjährige Extensivierungsmaßnahmen an. Hier gibt es neben den Agrarumweltmaßnahmen auch bewährte Vertragsnaturschutzpakete.
Nasse Senken mittig im Schlag, aber auch ganze Flächen, können als wertvolle Lebensräume für verschiedene Offenlandarten dienen. Für Kiebitz-Flächen bieten sich besonders selbstbegrünte Ackerbrachen (1600 €/ha/Jahr) in Kombination mit Blühflächen (1530 bis 2280 €/ha/Jahr) an. Die Förderpakete werden nach Absprache mit der Unteren Naturschutzbehörde oder Biologischen Station über das ELAN-Programm beantragt. Für den Prämienerhalt im Rahmen der Agrarumwelt- und Vertragsnaturschutzmaßnahmen ist jedoch ein Grundantrag im Vorjahr erforderlich. Um zum Beispiel ab 2025 teilnehmen zu können, müssen interessierte Betriebe bis zum 30. Juni 2024 einen Antrag stellen.
Zu allen Maßnahmen und deren praktische Anlage beraten das Team der Biodiversitätsberatung der Landwirtschaftskammer NRW, die zuständigen Unteren Naturschutzbehörden und die ortsansässigen Biologischen Stationen kostenfrei und ergebnisoffen.
Blüh- und Bejagungsschneisen
Durch die neue GAP gibt es auch Änderungen bei nicht förderfähigen Maßnahmen wie Blüh- und Bejagungsschneisen. Diese, dem Hauptschlag untergeordneten Flächen, dürfen zwischen dem 1. April (oder nach der Aussaat) und dem 15. August nicht durch mähen oder mulchen gepflegt bzw. mittels Bodenbearbeitung beseitigt werden.
Lesen Sie mehr: