Fast die Hälfte der Weltbevölkerung wählt dieses Jahr. In mehr als 60 Ländern treten Menschen an die Urnen. Darunter in bevölkerungsreichen Staaten wie Indien, USA und Indonesien. Sowie in autokratisch geführten Ländern wie Russland, Iran und Pakistan. Mitten drin die Wahl zum Europaparlament. Knapp 450 Mio. E uropäer sind zur Stimmabgabe aufgerufen – in turbulenten Zeiten: Weltweit machen Krisen das politische Klima rauer und Selbstherrschaften stärker – und auch bei uns gibt es Attacken auf die Demokratie. Am 9. Juni geht es also um mehr als die oft verpönte "unwichtigste Wahl".
Die Landwirtschaft rückt dabei doppelt ins Licht. Einmal, weil für die EU-Bürger "Agrarpolitik" durch die Diskussionen um Versorgungssicherheit plötzlich ein Top-Thema ist, nach "Verteidigung" und gleichauf mit "Energiepolitik". Und, weil die Bauernproteste viel Aufmerksamkeit gebracht haben – nicht zuletzt in der europäischen Hauptstadt Brüssel. Denn: Im Gegensatz zur Ge-sundheits- oder Industriepolitik ist der Einfluss europäischer Gesetze auf die Landwirtschaft sehr groß. Das liegt an der Gemeinsamen Marktordnung und Agrarpolitik.
Zwar kommen entsprechende Gesetzesvorschläge von der EU-Kommission und nicht vom Europarlament. Allerdings können die Parlamentarier diese Gesetze ändern oder sogar stoppen. Daher ist der Blick in die Wahlprogramme spannend – und zeigt zum Teil deutliche Unterschiede:
■ Agrarzahlungen: Die Agrarpolitik (GAP) nach 2027 dürfte ein Großprojekt des neuen Parlaments sein. CDU/CSU sowie Freie Wähler wollen an den Direktzahlungen festhalten, Grüne sowie FDP wollen sie auslaufen lassen bzw. an Umweltforderungen binden. Die AfD lehnt die GAP ab.
■ Pflanzenschutz: Grüne, SPD und Linke wollen chemischen Pflanzenschutzmittel teils "drastisch" reduzieren. CDU/CSU und FDP sind gegen pauschale Einschränkungen.
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■ Wolf: Bei Grünen, SPD, Linken und Sahra Wagenknecht kommt der Wolf im Wahlprogramm nicht vor. CDU/CSU, AfD, FDP Freie Wähler wollen ihn reglementieren.
■ Ländlicher Raum: CDU/CSU, Grüne, SPD, Linke und Freie Wähler wollen ländliche Entwicklung mit verschiedenen Ansätzen stärken. B AfD, FDP und Bündnis Sahra Wagenknecht spielt das Thema kaum eine Rolle.
■ Ukraine-Beitritt: Wird die Ukraine EU-Mitglied und die Agrarzahlungen fließen weiter nach Fläche, würde das das Agrarbudget sprengen. Denn die EU-Agrarfläche würde sprunghaft ein Viertel steigen. CDU/CSU, Grüne, SPD FDP bekennen sich zum Ukraine-Beitritt – sofern alle Kriterien erfüllt sind. AfD und Linke erwähnen die Ukraine im Wahlprogramm nicht.
WLV-Präsident Hubertus Beringmeier und Westfalens Landfrauen-Präsidentin Cornelia Langreck appellieren gemeinsam, das Stimmrecht zu nutzen und zur Wahl zu gehen. Das kann man nur unterstützen. Für ein starkes Europa. Gegen Extremismus und Rassismus. Für gemeinsame Werte. Gegen Hass und Hetze. Und letztlich auch: Für eine starke Landwirtschaft.