Getreidebestände, welche zu Beginn der Vegetationszeit keine oder nur unzureichende Schwefeldüngung erhalten haben, können in der derzeitigen Hauptwachstumszeit mitunter Schwefelmangelsymptome zeigen (Aufhellungen der am jüngsten entwickelten Blätter, Wachstum ist gehindert, Ähren- und Blütenbildung gehemmt).
Schwefel unbedingt beachten
Schwefel ist ein wichtiger Hauptnährstoff und wird von den Pflanzen hauptsächlich als Eiweißbaustein benötigt, weshalb der Nährstoff maßgeblich das Biomassewachstum zuträglich ist und auch zur Qualität des Erntegutes beiträgt. Es wird darüber hinaus auch für den Chlorophyllaufbau (deshalb die Aufhellungen) benötigt oder ist an der Steuerung wichtiger Stoffwechselvorgänge (Enzyme) beteiligt. Die Schwefelaufnahme der Pflanzen erfolgt parallel zur Stickstoffaufnahme. Ein Mangel an Schwefel bedeutet deshalb gleichzeitig eine Störung des Stickstoffstoffwechsels.
Pflanzen nehmen Schwefel in Sulfatform (SO4) auf. Die hohen Niederschläge der vergangenen Wochen und Monate haben dazu geführt, dass große Mengen an Sulfatschwefel in tiefere Bodenschichten verdriftet oder sogar gänzlich aus dem Wurzelraum ausgewaschen worden sind. Der Schwefelbedarf im Getreide liegt in normalen Jahren bei 15 bis 20 kg/ha S.
S-Nachlieferung zu spät
Gewisse Mengen Sulfatschwefel werden im Jahresverlauf auch aus dem Boden nachgeliefert, die der Pflanze in normalen Jahren auf vor allem organisch versorgten Standorten zusätzlich zur Verfügung stehen. Diese Mengen werden jedoch erst mit Erwärmung der Böden und zunehmender Aktivität der Bodenorganismen bereitgestellt.
In Jahren mit hohen Schwefelverlusten durch hohe Niederschläge und gehemmter Nachlieferung aus dem Boden (wie zuletzt wegen niedriger Temperaturen) kann der Schwefeldüngebedarf bei Getreide durchaus auf 30 bis 40 kg/ha ansteigen.
Ein sicherer Schwefelmangel lässt sich mit einer Beprobung von Pflanzenteilen, z. B. bei der LUFA NRW, bestimmen. Oft kommt das Analyseergebnis aber zu spät, um mit einer Düngung reagieren zu können, weshalb die Ansprache und das Erkennen auf dem Feld maßgeblich sind.
In dieser Woche sollen die Luft- und Bodentemperaturen deutlich ansteigen, sodass das Bodenleben stimuliert wird und für eine gewisse Nachlieferung an Stickstoff und Schwefel sorgt. Auf bestimmten Standorten und bei unzureichender Schwefeldüngung zu Beginn der Vegetationszeit kann eine ergänzende Schwefelblattdüngung in nächster Zeit aber sinnvoll sein. Wenn man einen Mangel früh diagnostiziert und schnell handelt, lassen sich noch ertrags- und qualitätsrelevante Effekte erzielen. Hält der Mangel bereits länger an, zeigen solche Düngemaßnahmen in der Regel keine Erfolge mehr.
Bei Mangel schnell reagieren
Die erforderlichen Schwefelmengen sollten bis einschließlich der Stickstoff-Schossergabe appliziert worden sein und können als Mischdünger angewendet werden. Die Pflanzen nehmen dann beide Nährstoffe dann über die Wurzel auf.
Hohe Schwefelmengen nach dem Schossen kommen pflanzenphysiologisch eindeutig zu spät. Mit dieser Maßnahme kann man allenfalls Bedarfsspitzen und einem latenten Mangel vorbeugen. Kleinere Mengen können am ehesten und sicher über das Blatt aufgenommen werden, das sollte dann aber ebenfalls als Sulfatform passieren. Bittersalz wäre zum Beispiel ein Produkt für die Blattapplikation. Dies kann auch meist in Kombination mit einem Pflanzenschutzmittel erfolgen (Herstellerangaben bzgl. Mischbarkeit befolgen).
Bei der Ansprache der Bestände sollte man in diesem Jahr aber unbedingt beachten, dass die Nässe oft sowohl das Wurzelwachstum als auch die biologische Aktivität gehemmt hat. Auch können sich für die Wurzeln giftige Stoffe gebildet haben. Solche Bestände reagieren ebenfalls mit Wachstumsdepression und Aufhellungen, sodass man hier fälschlicherweise Schwefelmangel diagnostizieren könnte.
Wachstumsreglermaßnahmen fortsetzen
In dieser Woche sind die Temperaturen günstig für weitere Wachstumsreglermaßnahmen. In Winterweizen kann man nach erfolgter Vorlage z. B. mit 0,25 bis 0,5 kg/ha Prodax in BBCH 33/34 Anschluss schaffen. In üppigen Beständen in BBCH 37 (Fahnenblatt schiebt), die noch deutlich eingekürzt werden sollen, empfiehlt sich bei über 12 °C der Einsatz von Medax Top + Turbo (0,3 bis 0,5 l/ha + 0,3 bis 0,5 kg/ha). Die Höhe der Aufwandmenge sollte in allen Kulturen an die sortenspezifische Standfestigkeit sowie an die Dichte des Bestandes angepasst sein.
Wintergerste absichern
In Wintergerste steht oft die zweite Einkürzung ab voll entfaltetem Fahnenblatt an. Zur Einkürzung des letzten Halmgliedes und zur Minderung des Ährenknickens hat sich der Einsatz von Ethephon (0,2 bis 0,6 l/ha Camposan/Cerone 660) bewährt. Dieser setzt mindestens 14 °C voraus. Je wärmer und strahlungsintensiver das Wetter, desto stärker ist die einkürzende Wirkung. So können 0,2 l/ha Camposan bei 25 °C ähnliche Wirkungen erzielen wie 0,5 l/ha bei 14 °C. Spätestens bis zum Grannenspitzen sollten Etephon-Maßnahmen in Wintergerste abgeschlossen sein, die Ähren sollten also in der Mehrheit noch umschlossen sein und sich nicht seitlich aus der Blattscheide herausdrängen.
Triticale und Roggen kürzen
Dichte Triticale auf nachlieferungsstarken Standorten und bei guter Wasserversorgung bedarf vielfach einer einkürzenden Nachlage. Ab BBCH 37 bis spätestens BBCH 49 ist der Einsatz von z. B. 0,2 bis 0,5 l/ha Cerone 660/Camposan empfehlenswert. In Winterroggen hat sich z. B. Camposan als absichernde Nachlage mit Aufwandmengen um 0,2 bis 0,5 l/ha bewährt.
Krankheiten im Getreide
Der Weizen hat auch bei späteren Saatterminen vielerorts BBCH 32 erreicht. Hier sollte eine breite Absicherung erfolgen. Ein Befall mit echtem Mehltau kann örtlich immer noch auftreten und es können sich frische Pusteln bilden. Mit einer breiten Absicherung in BBCH 32 kann dieser Befall in der Regel gut bekämpft werden. Durch die immer wieder auftretenden Niederschläge kann sich auch Septoria tritici weiter ausbreiten. Diesen Aspekt sollte man bei Feldkontrollen immer mitberücksichtigen.
Applikationstermine sind bei Septoria t. immer nah an Regenereignissen zu platzieren. Möglich wären ohne einen größeren Befall mit Septoria t. Input Classic mit 1,0 bis 1,2 l/ha, Unix + Pecari mit jeweils 0,5 l/ha oder auch Verben mit 0,8 bis 1,0 l/ha. Bei einem stärkeren Befall mit Septoria t. wird Balaya mit 1 l/ha + gegebenenfalls Folpan 1,5 l/ha empfohlen. Soll eine Halmbruchwirkung erzielt werden, kann Revystar mit 1,0 l/ha + Flexity mit 0,5 l/ha zum Einsatz kommen.
Achtung Braunrost!
Braunrost hat in diesem Jahr in vielen Sorten einen stärkeren Ausgangsbefall gebildet und sollte, falls noch nicht geschehen, frühzeitig ausgebremst werden. Die Sorten Donovan, Willem, Debian und Campesino sind am stärksten betroffen. In diesem Fall empfiehlt es sich, eine Applikation mit Stoppwirkung durchzuführen. Hierfür empfehlen sich 1,5 l/ha Pronto Plus. Sollten andere Produkte zum Einsatz kommen, sollte man auf eine starke Rostwirkung der Wirkstoffe achten.
Für Weizenbestände, die weit im Wachstum fortgeschritten sind, kann man die Fahnenblattbehandlung planen. Hierauf haben wir in der Vorwoche bereits bei Campesino und Obiwan hingewiesen. Betroffen ist nach wie vor besonders das Rheinland, aber auch sehr frühe Saattermine in Westfalen. Die Empfehlungen der Vorwoche gelten weiter. Aufgrund der zuletzt sehr kühlen Witterung hat sich die Entwicklung im Weizen stark verlangsamt und nimmt erst seit Beginn dieser Woche wieder zu. Die Hinweise zur Fahnenblattbehandlung für die übrigen Bestände und Sorten folgen.
Gerste gesund halten
In Gerste haben die vielen Niederschläge zu vielen Rhynchosporium-Funden geführt. Trotz einer frühen Applikation gegen den Pilz sind wieder neue Infektionen auf den oberen Blattetagen festzustellen – vor allem in Sorten wie SU Midnight, Leandra oder Orbit. Dies sollte man bei der Abschlussbehandlung berücksichtigen. Gegen Rhynchosporium wirkt besonders Prothioconazol sicher. Zudem ist es wichtig, bei einer bereits durchgeführten Vorbehandlung den Azolwechsel zu beachten. Vor allem für einen sicheren Schutz gegen Netzflecken ist dies bedeutsam.
Für die Abschlussbehandlung empfiehlt sich eine breite Absicherung z. B. mit Ascra Xpro mit 1,0 bis 1,2 l/ha (+ Folpan mit 1,5 l/ha), Revytrex mit 1,5 l/ha + Comet mit 0,5 l/ha, Balaya mit 1,25 l/ha (+ Folpan mit 1,5 l/ha), der Avastel Pack mit 1,2 l/ha + 0,5 l/ha oder Prothioconazol mit 200 g/ha + 1,5 l/ha Folpan. Alternativ kann man auch Amistar Max mit 1,5 l/ha (Wirkstoff Folpet und Azoxystrobin) + Pecari mit 0,5 l/ha anwenden. Bei Ramularia-Gefahr gilt es, eine Variante mit Folpan zu wählen. Für den richtigen Zeitpunkt der Abschlussbehandlung sind vorab Bestandskontrollen durchzuführen. Für die Abschlussbehandlung sollte die Gerste mindestens in BBCH 37 sein. Vereinzelt sind auch erste Grannenspitzen zu beobachten. Bei gesunden Beständen u. a. ohne größeren Ausgangsbefall mit Rhynchosporium kann die Abschlussbehandlung auch noch eine Woche nach hinten verschoben werden.
Roggen und Triticale schützen
Bei Roggen wird neben Rhynchosporium ein stärkerer Befall mit Braunrost beobachtet. Vor allem die Sorte Tayo weist einen höheren Befall für das frühe Wachstumsstadium auf. Bei stärkeren Ausgangsbefall mit Braunrost sollte man ab BBCH 32/33 eine Applikation mit 1,0 bis 1,5 l/ha Pronto Plus, 200 g/ha Tebuconazol oder bei gleichzeitigem Auftreten von Rhynchosporium 125 bis 150 g/ha Prothioconazol + 125 g/ha Tebuconazol oder 125 g/ha Azoxystrobin einsetzen. Bei sehr starkem Braunrostbefall darf die Wirkstoffmenge von Tebuconazol nicht zu gering sein, damit man eine Stoppwirkung erzielt.
Bei Triticale besteht grundsätzlich die Gefahr von Gelbrostbefall. In vielen Sorten ist zudem echter Mehltau zu beobachten. Besonders die Sorten Rivolt, Lumaco und Ramdam weisen örtlich teilweise einen stärkeren Mehltaubefall auf. Hier empfiehlt es sich, ein spiroxaminehaltiges Produkt zu verwenden. Dies ist z. B. im Input Classic (1,0 l/ha) oder im Vegas Plus (0,8 l/ha) enthalten.