Erntedank: Ein Fest, das zu denken gibt.
"Wenn jeder gibt, was er hat, dann werden alle satt."
Dieser Refrain des Liedes vom Musiker und Komponisten Peter Janssens aus Telgte aus dem Jahr 1976 ist heute aktueller denn je. Gerade zum Erntedankfest wird uns diese Botschaft wieder bewusst. Inhaltlich ist der Song an eine Geschichte aus dem Johannes-Evangelium angelehnt: Jesus ist es bei der Speisung der Fünftausend gelungen, mit fünf Broten und zwei F ischen alle Hungrigen satt zu machen.
Das Lied und die biblische Geschichte vom Teilen verweisen auf den Hunger in der Welt. Sie beschreiben, wie sehr wir aufeinander angewiesen und voneinander abhängig sind – und wie sehr wir einander zu danken haben.
Das Erntedankfest lädt ein, sich auf das Wesentliche zu besinnen. Erntedank feiern heißt wahrzunehmen, wie eng wir mit Natur und Umwelt verbunden sind, und dankbar zu sein für Vorhandenes und Geschaffenes.
Dankbarkeit ist nicht selbstverständlich, sondern eine einzuübende Haltung gegenüber dem Leben. Das erfordert Bewusstsein und Nachdenken.
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Erntedank ist deshalb auch ein Fest des Innehaltens. An Erntedank richten wir unsere Aufmerksamkeit zuerst auf die Lebensmittel und auf die, die sie erzeugen. Lebensmittel sind Mittel zum Leben. Alle brauchen sie. Wichtig ist deshalb der freie Zugang zu Nahrung für alle. Es gibt ein Menschenrecht auf Nahrung.
Der Einsatz für Gerechtigkeit ist konkretes Handeln für einen guten Zusammenhalt und ein gemeinschaftliches Miteinander. Menschen sind aufeinander angewiesen, sollen füreinander sorgen und sich unterstützen.
Die Landwirtschaft ist besonders gefragt, wenn es darum geht, dass alle Menschen Zugang zu ausreichender und ausgewogener Ernährung haben. Genug Essen zu haben ist nicht an allen Orten der Welt selbstverständlich. Die einen stehen vor einem Überangebot, die anderen kämpfen ums Überleben. In Regionen mit einer lang anhaltenden Überfülle an Nahrungsmitteln wird die tägliche Verfügbarkeit häufig als selbstverständlich angesehen, das Gefühl von Wertschätzung und Dankbarkeit schwindet.
Gerade die Landwirtinnen und Landwirte wissen, wie viel Arbeit und sorgsamer Pflege in jedem Lebensmittel steckt. Erntedank zu feiern, bedeutet dann auch, zu danken für Gottes Segen, den er auf die Arbeit der Menschen aus der Landwirtschaft legt, und ihnen und ihren Erzeugnissen Wertschätzung entgegenzubringen.
Es ist aber nicht nur ein Fest des Dankens. Es ist auch ein Fest, das uns zu denken gibt. Wir tun gut daran, innezuhalten und uns bewusst zu m achen, wie abhängig wir von dem sind, was wir der Mutter Erde, was wir dem Schöpfer verdanken. Die gegenwärtigen weltweiten Krisen machen uns bewusst, wie viel wir einander verdanken durch das Mitwirken eines jeden an unserem Wohlstand.
Die Erntekrone symbolisiert die Wertschätzung für die Arbeit auf dem Feld und deren Früchte. Sie ist ein Zeichen dafür, dass wir nicht nur als Einzelpersonen, sondern als Gemeinschaft aufeinander angewiesen sind. Sie ist ein Symbol der Solidarität und des Miteinanders und erinnert daran, wie wichtig es ist, sich gegenseitig zu unterstützen und füreinander einzustehen – nicht nur während der Erntezeit. Indem wir diese Werte leben und feiern, fördern wir eine starke und unterstützende Gemeinschaft, die auf Dankbarkeit und Zusammenhalt basiert.
"Wir teilen, was wir haben, wir bringen unsere Gaben" – in der dritten Strophe des oben genannten Liedes geht es um die gerechte Verteilung der Lebensgüter, damit niemand leer ausgeht. So stellt sich beim Erntedankfest die Frage: Was kann ich geben?
Hubert Wernsmann
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